Eine Retrospektive zum zehnten Todestag des Künstlers
29.10.11 bis 27.11.11
Vernissage am 29.10.11 um 17.00 Uhr Begrüßung: Marita Mattheck, Vorsitzende des Kunstvereins Germersheim Marcus Schaile, Bürgermeister der Stadt Germersheim Christian Petry, Mitglied des Kuratoriums der Freudenberg Stiftung (Weinheim) Einführung: Werner Marx, Kunsthistoriker (Mannheim)
Eine Ausstellung mit Werken des Künstlers und Arbeiten der Schüler Sabine Amelung (Malerei, Zeichnung, Grafik), Chris Deter (Fotografie), Jürgen Hatzenbühler (Fotografie), Martin Liebscher (Fotografie), Peter Schlör (Fotografie), Claus Stolz (Fotografie)
“In der Mausefalle von Licht und Farbe”Mit diesen Worten titelte Ewald Jacobs seinen Artikel vom 11.06.1968 in der Westfälischen Rundschau und beschrieb mit dieser Formulierung die Wirkung der Arbeit “Vibrationsraum 1” von Wolfgang Reindel. Dieser Vibrationsraum war von Reindel aus geschichteter und eingefärbter Nylongaze in der Galerie Majer-Finkes aufgebaut worden.
Nach einer langen Durcharbeitung der Gaze-Bilder begann Reindel dann in den 1970er Jahren die Fotografie als sein bildnerisches Medium zu entdecken und hat dieses Medium in großer Variationsbreite für seine Kunst eingesetzt. Mit seriellen und didaktischen Reihen, aber auch mit klassischer Reportagefotografie bearbeitete er die Themen, die ihn schon in seinen frühen Bildwerken beschäftigten.
Erscheinen, Interaktion, Wahrnehmungsphänomene und die “Wahrheit hinter der Abbildung” waren aber nicht nur Wolfgang Reindel in seiner eigenen Arbeit wichtige Ankerpunkte, sondern auch in seiner vermittelnden Tätigkeit als Dozent an der Freien Akademie Mannheim. Wie weit diese Einflüsse und Ankerpunkte seine Arbeit und die Arbeiten seiner Schüler beeinflusst haben, sind in dieser umfassenden Werkschau zu sehen.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
Sabine Amelung Geboren 1960 in Heidelberg, lebt und arbeitet in Ludwigshafen und Limburgerhof. [www.sabineamelung.de] Chris Deter Geboren 1977 in Heidelberg, lebt und arbeitet in Karlsruhe und in den Bergen. [www.genuss-bergwandern.de]
Jürgen Hatzenbühler Geboren 1961 in Ludwigshafen, lebt und arbeitet in Ludwigshafen und Limburgerhof. [www.hatzenbühler.de]
Martin Liebscher Geboren 1964 in Naumburg/Saale, aufgewachsen in Speyer am Rhein, lebt in Berlin und Frankfurt. [www.martinliebscher.com] Peter Schlör Geboren 1964, lebt und arbeitet in Mannheim. [www.peter-schloer.de]
Claus Stolz Geboren 1963, lebt und arbeitet in Mannheim [www.clausstolz.de]
Sonderveranstaltung während der Ausstellung
04.11.11 | 19.00 bis 24.00 Uhr 11. Kultur- und Museumsnacht Germersheim Eröffnung um 20.00 Uhr durch den Bürgermeister der Stadt Germersheim, Marcus Schaile
Öffnungszeiten: Sa. von 15.00 bis 18.00 Uhr So. von 14.00 bis 18.00 Uhr
Vernissage am 10.09.11 um 17.00 Uhr Grußwort: Marita Mattheck, 1. Vorsitzende des Kunstvereins Germersheim Einführung: Dr. Heinz Höfchen, Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern Musik: Maya Wittinger
Nachdem ich einige Jahre an dem Thema “Aufbrüche” (d.h. Aufbrechen von Gesteinen) gearbeitet hatte, ergab sich mir aus der Erkenntnis meines Arbeitsprozesses mein Arbeitsthema “Materie und Gedächtnis”. Das bedeutet eine Reise des Geistes durch die Materie auf der Suche nach einer Realität, die unter der Oberfläche liegt. Die Substanzen mit denen ich arbeite sind u.a. Erden, Aschen, Gestein, Eisenerz, Kupferkies, Metallstaub, Öle und Harze. Jede Substanz ist für mich ruhender Prozess. Klang und Schweigen. Würde man mich fragen, welches Ereignis hat mich gerade diese bildnerischen Mittel ergreifen lassen, so ist die Antwort: es war vor vielen Jahren beim gedankenverlorenem Betrachten eines Kaffeefleckes, Asche und Lehmerde auf weißem Papier. (Gabriele Block 2011)
– geboren 1945 in Eutin (Ostholstein) – Studium der Freien Malerei an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg und an der Akademie für Bildende Künste in Nürnberg – lebt und arbeitet in Schwabach und Berlin – Mitglied des Künstlerbundes Schwabach seit 1986
seit 1992 – zahlreiche Einzelausstellungen und Beteiligungen an Gruppenausstellungen in Orten im In- und Ausland
1999, 2000 – Beteiligung an Steinsymposien in Olsby (Norwegen) der Hochschule Alfter
2001 – Arbeitsaufenthalte in der Provence und Val d’Herens (Valais/Schweiz)
Armin Göhringer
Die neuesten Skulpturen nutzen die schlummernden Kräfte des Holzes. Jeder Baum entwickelt im Laufe seines Wachstums Reaktionskräfte, die sich als Zug- und Druckkräfte im Stamm ausbilden. Diese sind auch beim Aufsägen des Stammes in jeder Faser des Holzes noch aktiv. Die Einzelelemente, in die ich die Figur zerlege, sind mit Stegen (Linien) immer noch mit dem Grundstock verbunden und somit der Wirkung der Reaktionskräfte ausgesetzt. Die Stäbe, noch fest am unteren Urblock des Stammes, übertragen die ihnen innewohnenden Druckkräfte von unten nach oben und setzen die oberen Elemente unter Spannung. Einer Feder gleich drücken sie die zuvor getrennten Kopfstücke wieder zusammen und bilden als Verbund ein stabiles Gefüge. Dabei braucht der Druckausübende jeweils einen Gegendruck, um nicht in die Labilität zu verfallen.
Dieter Brunner vom Museum Heilbronn, sagt dazu: “Der architektonische Charakter dieser Werke begründet sich in ganz besonderem Maße in der Verbindung von Stütze und Last. Göhringers Interesse gilt aber nicht so sehr der Auseinandersetzung mit architektonischen Fragestellungen. Der Ausgangspunkt dieser Skulpturen ist ein plastischer: Architektur überschreitet die Grenze zur Skulptur und wird zum ‘mehrschichtigen’ Kunstwerk, zum Kopf, zum Körper, zum sozialen Gebilde.
In der Kombination von fragilen und blockhaften Formen liegt Göhringers entscheidende Fragestellung: Wie die Gesellschaft sich gegenseitig bedingt, wie die Natur sich gegenseitig bedingt, so beruht auch der Charakter dieser Objekte auf Gegenseitigkeit. Die Auseinandersetzung mit der senkrechten und waagerechten Linie bedeutet deshalb für Göhringer nicht nur ein Ausloten der Grenzen von Technik und Form, sondern auch ein Ausloten der inhaltlichen Möglichkeiten: Wie viel Ausloten von Fragilität verkraftet unsere Welt, wann zerbricht sie am Ungleichgewicht?” (2008)
Schopenhauer: “In jedem Mikrokosmos liegt der ganze Makrokosmos, und dieser enthält nichts mehr als jener.” – Die Welt als Wille und Vorstellung, Zweiter Band, Zum dritten Buch, Kapitel 38.
Makrokosmos ist die Welt des riesig Großen, die vom Menschen nicht ohne Hilfsmittel wahrgenommen werden kann. Den Gegensatz zum Makrokosmos bildet der Mikrokosmos, die Welt (-ordnung) des winzig Kleinen, zu der, mit etwas Lebenserfahrung, der Mensch mit seiner Existenz gerechnet werden kann.
Die Gruppenausstellung im Kunstverein Germersheim unter dem Titel “Mikro-Makro-Kosmos” zeigt Arbeiten von sechs verschiedenen Künstlern aus Köln und Landau, die sich mit Individuum und Gesellschaft, der kleinen und der großen Welt, beschäftigen. Die künstlerischen Herangehensweisen sind mannigfaltig, haben jedoch alle das menschliche Leben im Fokus. Gegensatzpaare bestimmen inhaltlich den Gesamteindruck der sechs unterschiedlichen Künstlerpositionen: Ding- und Denkwelt, gegenständlich und abstrakt, Individuum und Gesellschaft.
Philip Emdes Grafikzyklus Strandpärchen, der das Etablieren geschützten Raums in der Öffentlichkeit beschreibt; Timothy Shearers Installationen mit objets trouvés; Laura Weinands Torten-Gemälde, die menschliche Lust und Verlust thematisieren; Tims Selbstportraits aus seinem Datebook-Projekt, in dem erst die Vervielfältigung vom Mikro- zum Makrokosmos führt; Marco Zumbés collageartige Malerei, die das Rätsel Mensch zu erklären sucht; Sebastian Karbowiaks interaktiver Puzzlekosmos, in dem er sich selbst als Spieler zwischen großen und kleinen Lebenssituationen sieht. Sie alle bilden heterogene Ansatzpunkte für die Auseinandersetzung mit dem menschlichen Kosmos.
Im Gesamtkontext entsteht ein komplexes Fächerspiel, da jeder Künstler einen subjektiven Blick aus seinem Mikrokosmos zum Thema Mikrokosmos-Makrokosmos wiedergibt und diese Sichtweisen im Rahmen der Ausstellung zu einem Gesamtbild zusammengefügt werden. Dem Besucher, der als Individuum die Ausstellung besucht, ist es möglich, seinen persönlichen, niemals objektiven Blick an den Perspektiven Anderer zu schärfen. Gleichzeitig kann er seinen eigenen Mikrokosmos oder seine Vorstellung vom Dualismuskonzept Mikrokosmos-Makrokosmos reflektieren.
Die einzelnen Ausstellungsbeiträge – die von Menschenbild und Alltagsszenen bis zu Installationen in und um das menschliche respektive künstlerische Umfeld reichen – betrachten, reflektieren und kommentieren den Kosmos menschlichen Lebens. Sie ergänzen sich zu einem Mosaik aus unterschiedlichsten Formen und Haltungen. (Text: Galerie Mülhaupt/Köln/2011)
Sebastian Karbowiak entdeckt Anfang der 1990er Jahre durch seinen Bruder die Kunst des Graffiti Writing. Daraus resultieren zeitintensive Phasen des Zeichnens und eine ständige Suche nach Wandbildern, die fotografiert und analysiert werden müssen. Für die eigene Arbeit spielt Typografie bis heute eine Basisrolle. Immer wieder erfindet sich unser Alphabet neu. Abstraktionsprozesse und das Spiel mit Linie zur Fläche erstrecken sich auf die unterschiedlichsten Medien. Neben dem Experimentieren mit neuen Möglichkeiten der Wandgestaltung sind es konzeptionelle Arbeiten zum Themenfeld ,”Öffentlicher Raum‘”, die ihn beschäftigen. Sebastian Karbowiak “Daiker”, geboren 1978 in Wesel, lebt und arbeitet in Köln. [debugvisuals.blogspot.com]
Philip Emde, 1976 in Mannheim geboren.2000 bis 2007 Studium Illustration und Design an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (Prof. A. Feuchtenberger, Prof. E. Sturm, Prof. J. Veljovic). Seit 2004 Radier- und Siebdruckatelier in Neustadt/Weinstraße. Emde lebt und arbeitet in Neustadt/Weinstraße und Köln.
Timothy Shearer, geboren 1976 in South Boston, Virginia, USA. 2003 bis 2006 Post Graduierten Studium an der Kunsthochschule für Medien Köln. 1995 bis 2000 BFA an der Virginia Commonwealth University. [shearer.openkhm.de]
Marco Zumbé wurde 1975 in Köln geboren. In seinen freien Arbeiten erkennt man die Handschrift des Illustrators: seine Bilder erzählen Geschichten. Aber anders als in seinen angewandten Illustrationen verweigern sich seine freien Arbeiten einer Logik oder einer konkreten Bildaussage. Vielmehr handelt es sich hier um Fragmente aus den verschiedensten Themenbereichen unserer Gesellschaft, die collagiert und zusammengefügt werden und so den Betrachter zwingen die Fragmente miteinander zu verbinden und ihren eigenen Kontext zu entwickeln. Marco Zumbé malt vorwiegend auf Acrylglas, oft mit mehreren Platten, was ihm erlaubt mit mehreren Ebenen zu arbeiten, auf denen er malt, kratzt, sie beklebt oder Freiraum lässt und so offen legt, was auf einer darunter liegenden Ebene entstanden ist. So schafft er nicht nur formale Räumlichkeit und Strukturen, sondern verbindet zugleich die Fragmente und Fundstücke so miteinander, das eine eigenständige Welt entsteht. Diese zu erkunden und zu enträtseln, das ist die Aufgabe, die Marco Zumbé dem Betrachter seiner Bilderwelten stellt. [www.mzumbe.de]
Tim, geboren 1976 in Bünde, NRW. 1999 bis 2004 Studium der Sonderpädagogik (Schwerpunkt Kunst) an der Universität zu Köln. 2000 Gründung des Künstlerduos “Der Herr und sein Knecht” zusammen mit Philip Emde. Seit 2005 Lehrtätigkeit an div. Schulen im Raum Düsseldorf und Köln. 2010 Gründung von TBOOKS COLOGNE, Verlag für artist books und zines, lebt und arbeitet in Köln. [tbookscologne.blogspot.com]
Laura Weinand “.. Auf den Bildern von Laura Weinand spielt feines Backwerk die Hauptrolle, das seine Existenz allein der menschlichen Fantasie und Lust verdankt. Leckereien, Kuchen, Torten und Törtchen sind Produkte und Sinnbilder des Wohlstandes; sie versüßen im wörtlichen Sinne den Alltag. Ins Monumentale überhöht, sprengen sie die von Leinwand und Papier gesetzten Grenzen, die Köstlichkeiten bemächtigen sich der Wandfläche, verwandeln sie in eine üppig gedeckte Tafel oder suggerieren den Blick durch ein weit geöffnetes Fenster auf eine ebensolche außerhalb des Raumes. Unterstützt wird diese Wirkung vielfach durch die angeschnittene Darstellung, die unser Auge reizt, sie assoziativ zu ergänzen. Alles ist vergänglich. Auf diese unumstößliche Tatsache verweist auch Laura Weinand einfühlsam und unaufgeregt in ihren Bildern. Mit geradezu spielerischer Leichtigkeit stellt sie sich diesem Thema. Dabei setzt sie den Akzent auf den Genuss und die Freude am Genießen ohne den Prozess des Vergehens auszuklammern. Nicht das Verschwinden und die Trauer darüber beherrschen ihre Bilder, sondern die Lust, die dem Verlust vorausgeht – vorausgehen kann. In der Auseinandersetzung mit diesem Thema gelingt es der Künstlerin eine eigenständige, zeitgemäße Form des Früchte-und Küchenstillebens zu entwickeln. Geschickt lässt sie ihre Darstellung oszillieren zwischen süßen Sinnbildern eines angenehmen Lebens und Reflexionen über Werden und Vergehen. Sie wendet sich ganz den gestalterischen Möglichkeiten zu, die die Natur in sich birgt. (…) “